Der Fleischrindtag Mecklenburg-Vorpommern bot auch dieses Jahr eine spannende Plattform für die Mutterkuhhalter der Region. Die jährliche Gemeinschaftsveranstaltung, organisiert von der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern (LFA M-V) und der RinderAllianz GmbH, fand am 5. November im Strandhotel Mirow statt. Unterstützt durch das „Netzwerk Fokus Tierwohl“ beleuchteten die Vorträge aktuelle Fragen rund um die Themen Mutterkuhhaltung und Weidemanagement. Mit 86 Teilnehmern zeigte die Veranstaltung eine erfreuliche Resonanz und bot interessante Gespräche sowie lebendige Diskussion.

Neue Impulse aus dem Netzwerk Fokus Tierwohl

Laura Müller vom Institut für Tierproduktion (LFA M-V) stellte aktuelle Entwicklungen des „Netzwerks Fokus Tierwohl“ vor. Seit 2019 engagiert sich das bundesweite Projekt, das kürzlich bis 2026 verlängert wurde, für eine nachhaltige und tierwohlgerechte Nutztierhaltung und fokussiert auf Wissensvermittlung und Vernetzung. Themen wie Biodiversität, Klimaschutz und Ressourcenschonung rücken dabei zunehmend in den Fokus.

AFP-Förderung als Chance für Mutterkuhhalter

Annett Juhl von der Landgesellschaft M-V erläuterte die umfangreichen Fördermöglichkeiten des Agrarinvestitionsförderprogramms (AFP), die in ihrer Breite vielen Landwirten nicht geläufig sind und daher teils unzureichend genutzt werden. Mit Zuschüssen von bis zu einer Million Euro für Investitionen in der Landwirtschaft und einer Förderquote zwischen 20 und 65% zeigt sich das AFP als attraktiv für kleinere und mittlere Unternehmen, die beispielsweise ihre Fütterungs- oder Tränktechnik modernisieren, eine Viehwaage oder einen Behandlungsstand anschaffen oder ihre Dunglege modernisieren möchten. Insbesondere Junglandwirte profitieren von zusätzlichen Förderquoten. Die Landgesellschaft M-V steht als Ansprechpartner für die Beratung und Betreuung solcher geförderten Vorhaben zur Verfügung.

Gesundheit der Kälber im Fokus: Durchfall- und Atemwegserkrankungen

Dr. Kirsten Stemme von MSD Deutschland griff in ihrem engagierten Vortrag die Herausforderungen bei der Gesunderhaltung der Kälber von Mutterkühen auf. Besonders Infektionen mit Kryptosporidien und bovinem Coronavirus sind für die Jungtiere problematisch, da sie sowohl den Darm als auch die Atemwege angreifen und damit erheblichen, teils dauerhaften Schaden anrichten. Eindringlich wies Dr. Stemme auf die Bedeutung von Hygienemaßnahmen und Schutzimpfungen hin, um die Ausbreitung zu verhindern.

Jakobskreuzkraut – eine ernstzunehmende Gefahr auf der Weide

Ein dringendes Thema der Praxis ist die zunehmende Ausbreitung des giftigen Jakobskreuzkrauts. Andreas Titze von der LFA M-V gab einen umfassenden Überblick über die Biologie und das Gefährdungspotential der Pflanze sowie effektive Bekämpfungsstrategien. Anders als von vielen vermutet, ist das Jakobskreuzkraut eine einheimische Pflanze, deren Ausbreitung allerdings durch veränderte Landnutzungsformen und Klimawandel begünstigt wurde. Neben der Giftigkeit für Rinder – die auch bei der Heu- und Silagefütterung im Winter erhalten bleibt – stellt die Pflanze durch das lange Überleben ihrer zahlreichen Samen eine erhebliche Herausforderung dar.

Zur Regulierung des Jakobskreuzkrauts ist frühzeitiges Entfernen einzelner Pflanzen bei geringem Befall wichtig, um eine Vermehrung zu verhindern. Titze empfahl, auch auf Weideflächen regelmäßig nachzusäen, um über eine dichte Grasnarbe einen hohen Konkurrenzdruck aufzubauen. Mahdversuche mit zweimaligem Schnitt zum Blühbeginn zeigten ebenfalls gute Erfolge. Eine Entsorgung des Schnittguts in Biogasanlagen oder durch professionelle Kompostierung ist problemlos möglich. Für stark befallene Flächen kann ein Umbruch und eine Neuansaat sinnvoll sein. Leguminosen im Grünland stärken die Konkurrenzkraft der Gräser. Natürliche Gegenspieler wie der Blutbär werden mittlerweile als alternative Bekämpfungsstrategie untersucht.

Mob Grazing als nachhaltige Weidestrategie?

Nils Holger Zahn von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde stellte Forschungen zum Weidesystem Mob Grazing vor, die er in den letzten 3,5 Jahren zusammen mit Kollegen und einem Partnerbetrieb in der Uckermark durchgeführt hat. Kennzeichnend für Mob Grazing ist die kurze, aber intensive Beweidung kleiner Flächen bei sehr hoher Besatzdichte, gefolgt von langen Ruhephasen für die Grasnarben. Dadurch entsteht eine Mulchschicht, die den Boden schützen und die Bodenfeuchte über längere Zeit stabilisieren soll – ein Vorteil, der besonders in trockengefährdeten Regionen von Nutzen ist. Die Versuchsergebnisse bestätigten diesen Ansatz und zeigten darüber hinaus, dass Mob Grazing die Bodenverdichtung reduziert und das Auftreten von Regenwürmern erhöht, was die Bodenfruchtbarkeit verbessert. Zahn machte jedoch deutlich, dass das System nur bedingt als Dauersystem geeignet ist, da es einen höheren Flächenbedarf verursacht. In der Diskussion wurde die Bedeutung einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung des Mob Grazings betont, bei der auch die tierischen Leistungen und das Wohlbefinden und die Gesundheit der Tiere Berücksichtigung finden müssen.

Engagiert und innovativ: Der Mutterkuhbetrieb Emmel & Hallier

Am Nachmittag besuchten die Teilnehmer den Mutterkuhbetrieb von Leonard Emmel und Florence Hallier in Leussow. Der 2022 gegründete Betrieb mit seinen rund 90 Angus- und Herefordkühen wird ökologisch bewirtschaftet und setzt auf moderne Herdenführung und ein ganzheitliches Weidemanagement, bei dem auch innovative Konzepte wie Mob Grazing und (Low Stress) Stockmanship zum Einsatz kommen – Methoden, die Florence Hallier während ihrer Ausbildung in den USA, Kanada und Australien kennengelernt hat.

Während der Besichtigung demonstrierte Leonard Emmel die Anwendung von Mob Grazing im Betrieb. Hierbei erhalten die Tiere regelmäßig (manchmal mehrmals täglich) frische Weideabschnitte. Der bereits abgeweidete Teil der Weide bleibt dabei für die Rinder weiterhin zugänglich.

Die vorgestellten Hereford- und Angusrinder – bedingt durch die Betriebshistorie junge Herden mit mehrheitlich Erst- und Zweitkalbskühen – zeigten sich in guter Verfassung und Körperkondition. Erstaunlich war – angesichts der großen Besucherschar auf der Weide – die absolute Ruhe und Entspanntheit der Tiere, Beleg für die erfolgreiche Umsetzung des Stockmanship-Konzepts. Wie Florence Hallier erläuterte, ist das Ziel des Konzepts eine stressarme Herdenführung, die auf Ruhe und Vertrauen basiert, die Kommunikation zwischen Mensch und Tier verbessert und einen schonenden Umgang mit den Tieren ermöglicht. Sie erleichtert das tägliche Management, verbessert das Wohlbefinden der Tiere und leistet zudem einen Beitrag zur Wolfsprävention.

Der Fleischrindtag Mecklenburg-Vorpommern 2024 verdeutlichte, wie praxisnahe und/oder wissenschaftlich gestützte Konzepte helfen können, aktuellen Herausforderungen in der Mutterkuhhaltung zu begegnen. Und auch wenn die letzte Skepsis mit Sicherheit nicht ausgeräumt werden konnte, bot der Tag doch wertvolle Anregungen und Ansätze für die eigene betriebliche Praxis. Dafür sei allen Referenten sowie dem besuchten Praxisbetrieb herzlich gedankt!

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