Vor wenigen Tagen waren rund 50 Fleischrindzüchter aus Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt auf Exkursion durch Südschweden. Ein abwechslungsreiches Programm, goldenes Herbstwetter und eine gute Stimmung in der „Truppe“ trugen ebenso zum erfolgreichen Verlauf bei wie auch unsere Reiseleiterin Petra, die uns mit umfangreichen Informationen über Land und Leute und den schwedischen Alltag ihre Wahlheimat Schweden nahebrachte.
Ein besonderes Highlight war der Besuch der Landwirtschaftsmesse Elmia in Jönköping, in deren Rahmen wir auch die aller zwei Jahre stattfindende schwedische Fleischrinderschau verfolgten.
Bereits am Vorabend unseres Messebesuchs konnten wir uns dank eines Vortrags von Magnus Johansson, Vorstandsmitglied des schwedischen Fleischrindverbands NAB, mit den Strukturen und Besonderheiten der schwedischen Fleischrindzucht vertraut machen. In Schweden gibt es 210.000 Mutterkühe mit einer bis vor kurzem wachsenden Tendenz. Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei nur 21 Kühen, der Selbstversorgungsgrad bei Rindfleisch bei 58%. Unter den reinrassigen Mutterkühen dominieren die Herefords, im Herdbuch rangiert Charolais vor Hereford, Simmental, Angus und Limousin. Im November 2023 wurde ein gemeinsames nordisches Kontrollprogramm für Fleischrindrassen eingeführt (NAV-Beef), an dem Dänemark, Schweden und Finnland beteiligt sind. Mit der Zuchtwertschätzung im November 2024 werden für die fünf größten Rassen erstmalig genomische Zuchtwerte für Gewicht/Zuwachs und Schlachtkörpermerkmale geschätzt.
Neben der Leistungsprüfung im Feld gibt es in Gunnarp-Hörby eine Prüfstation, die jährlich etwa 175 Prüfbullen durchlaufen. Obwohl die Kosten aus unserer Sicht erheblich sind und im Durchschnitt und unter Berücksichtigung einer 50%igen Selektionsrate kaum durch die Mehrerlöse beim Verkauf der Bullen gedeckt werden (in der Spitze schon), war es in allen Besuchsbetrieben, auf denen wir gewesen sind, Selbstverständlichkeit, jährlich zwei Bullen auf die Prüfstation zu bringen. Die Prüfstation ist im Laufe des Jahres für Besucher tabu, lediglich einmal im Jahr, Mitte März, gibt es einen Tag der offenen Tür, an dem die Prüfbullen und die Station besichtigt werden dürfen. Kurz danach erfolgt der Verkauf der Bullen – seit Corona im Rahmen einer reinen Onlineauktion.
Im Rahmen unseres Besuchsprogramms besuchten wir mehrere Fleischrindzüchter verschiedener Rassen und Betriebsstrukturen, deren hohe Qualität schon daran zu ermessen war, dass die Mehrzahl Schaubeschicker auf der Elmia gewesen ist und dort jeweils vordere Platzierungen bzw. Siegertiere gestellt hat. So waren wir u.a. auf dem Hof von Familie Karlsson, deren Limousinfärse Viktoria Maja av Norra Skogaby auf der Elmia Interbreed-Siegerin geworden war. Auch die Betriebe Juby Källgård (Charolais) in Linghem, Vitafall Simmental und Charolais in Ljusfallshammar, Gylteboda Hereford bei Vittaryd sowie Davidstorp Angus in Tolånga vermittelten ein sehr gutes Bild der schwedischen Fleischrindzucht, jeweils mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Schwerpunkten und Konzepten, aber durch die Bank weg sehr sehenswert. Interessant war, dass in den schwedischen Zuchtbetrieben rund 30% der Trächtigkeiten über künstliche Besamung werden, sicher auch vor dem Hintergrund, dass ein direkter Tierimport nach Schweden nicht möglich ist. Wie wir auch, sind die schwedischen Züchter permanent auf der Suche nach interessanter und leistungsfähiger internationaler Genetik, bevorzugt hornlos. So konnten wir unsere schwedischen Gastgeber durchaus auch für den einen oder anderen RinderAllianz-Besamungsbullen interessieren. Mal schauen, ob unser Besuch auch in dieser Hinsicht Früchte trägt.
Hoch interessant waren auch eine Werksführung beim schwedischen Landmaschinenhersteller Väderstad sowie einige touristische Highlights, die zu so einer Tour natürlich auch dazugehören.
Fazit: Schweden ist wunderschön und spannend, und wir haben am Ende nur einen kleinen Ausschnitt davon erleben können. Ein privater oder fachlicher Wiederholungsbesuch ist unbedingt empfehlenswert!
Herdenbulle Edvard the King av Fall (V: Harley PP) im Betrieb Vita Fall, Ljusfallshammar