Über die letzten zehn Jahre ist die Anzahl der Proben ohne Befund auf sehr hohem Niveau leicht gesunken. Trotz sensibleren Nachweises von S. aureus, Galt (über MALDI TOF) und höherer Nachweisrate von Mykoplasmen über PCR bleiben trotzdem fast 50% der untersuchten Proben „obB“.

Warum werden in meinen Mastitisproben (bei hohen Zellzahlen) keine Erreger gefunden?

Das kommt tatsächlich sehr häufig vor, in allen einschlägigen Laboren. In sauberen Milchproben von Kühen mit hoher Zellzahl werden keine Mastitiserreger gefunden, sie sind „obB“ – ohne besonderen Befund. Wir versuchen, die Hintergründe zu erklären:

Eine klinische Mastitis kann vermutlich auch ohne direkte Infektion des Euters stattfinden. Allgemeine Immunreaktionen des Körpers, die Entzündungsreaktionen mit Anstieg neutrophiler Granulozyten (Fraktion der weißen Blutkörperchen) bewirken, erhöhen eben auch die Zellzahl, die in großen Teilen aus diesen Abwehrzellen besteht. Insbesondere bei Störungen im Verdauungstrakt von übermäßig wachsenden E. coli gebildete Endotoxine lösen Entzündungen aus. Aber auch nach Abtötung der Mastitiserreger im Euter bleibt das Immunsystem noch einige Tage bis Wochen im Alarmzustand, wiederum erscheinen die erhöhten Mengen an Abwehrzellen als Zellzahl in der Milch. Nicht zuletzt können Entzündungen in allen anderen Organen außer dem Verdauungstrakt und dem Euter vorkommen. Klauenentzündungen, Uterusreinigung nach der Geburt, Leberabszesse und Fremdkörperprobleme zählen unter anderen dazu.

Vor diesem Hintergrund sind folgende Faktoren zu berücksichtigen:

  1. Zeitpunkt der Probenahme: Wenn eine „Coli-Mastitis“ überstanden ist, also das Euter wieder normale Milch produziert, hat der Organismus noch lange mit dem Abbau der Endotoxine zu tun. Die Zellzahl bleibt lange erhöht. Abgesehen von sorgfältiger Fütterung und ggf. Stabilisierung der Verdauung und Entzündungsbekämpfung braucht das Euter nicht weiter behandelt zu werden.
  2. Ständige Neuinfektionen mit Schmutzkeimen bei Abwehrschwäche – Stress und/oder hoher Keimdruck: Die Infektionen führen nicht zu klinischen Mastitis, da die Immunabwehr die Keime schon in der Zitze abwehrt. Dabei müssen aber ständig Abwehrzellen zur Eintrittspforte geschickt werden, die Zellzahl bleibt hoch, aber die Erreger sind nicht mehr nachweisbar. Nur die Abstellung der Stressfaktoren kann helfen.
  3. Mitunter sind Mykoplasmen oder andere – nicht in der Routineuntersuchung erfassten seltenen Erreger – die Ursache. Dann sollten bei Verdacht zur Abklärung weitergehende Untersuchungen mit dem Labor abgesprochen werden. Die PCR und spezielle Anzüchtungen kommen in Frage.
  4. Die Kuh wurde schon antibiotisch behandelt – die Erreger sind bereits abgetötet und nicht mehr nachweisbar. Die Immunabwehr arbeitet aber noch auf Hochtouren und produziert „Zellen“ s.o.
  5. Die Proben sind kontaminiert. Auch eine saubere Reinkultur in der Anzüchtung kann auf Verschmutzung beruhen. So täuschen z.B. Aeromonaden bei schlechter Tränkwasserqualität einen Mastitiserreger vor, tatsächlich stammen diese Keime nur aus der durchs Wasser „verseuchten“ Umgebung, gelangen bei der Probenahme von der äußeren Euterhaut ins Proberöhrchen und unterdrücken im Labor das Wachstum echter Mastitiserreger, Bei derartig seltsamen Befunden empfiehlt sich eine Rücksprache mit dem Mastitislabor; ggf. sind weitere Untersuchungen wie die PCR hilfreich.

Ihr Kontakt:

Dr. Birgit Schwagerick: 0171 9301685, b.schwagerick@mqd.de

Mastitislabor: 03843 751-302, mastitis@mqd.de

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