Um Zukunftsperspektiven für die Fleischrindbranche drehten sich die Vorträge und Diskussionen auf dem nunmehr 29. Fleischrindtag Mecklenburg-Vorpommern. Zu der Veranstaltung hatten die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei, die RinderAllianz sowie die Kirch-Mulsower Agrar GmbH als Praxispartner eingeladen. 80 Fleischrindzüchter und Mutterkuhhalter nahmen die Gelegenheit wahr, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und aus den Vorträgen und der Betriebsbesichtigung die eine oder andere Anregung mit nach Hause zu nehmen.

Was bringt die GAP 2023 für die Mutterkuhhalter?
Im ersten Teil der Vortragsveranstaltung, durch die Dr. Manfred Leberecht, MRV, gewohnt souverän und sachkundig führte, stand die GAP-Reform 2023. Was bringt sie für die Mutterkuhhalter? Diesem Thema stellte sich Dr. Matthias Dietze vom Institut für Pflanzenbau und Betriebswirtschaft der LFA im Auftaktreferat. Mit Hilfe des von der LFA entwickelten GAP-Prämienrechners analysierte Dr. Dietze am Beispiel eines ökologisch wirtschaftenden Durchschnitts-Mutterkuhbetriebs die Veränderungen in den Prämienzahlungen durch die GAP-Reform. Sein Fazit: „Die Auswirkungen der GAP 2023 auf die Mutterkuhhalter hängen im Wesentlichen von der Ausrichtung und Struktur der Betriebe ab.

1. Betriebe mit hohen Grünlandanteilen an der LF können viel Fläche in den verschiedenen Maßnahmen binden und entsprechend hohe Prämienzahlungen je ha LF akkumulieren.

2. Betriebe mit geringen Grünlandanteilen können die Prämienverluste in den Direktzahlungen der 1. Säule knapp kompensieren. Die Einkommenswirksamkeit ist eingeschränkt.“ Der GAP-Rechner steht den Landwirten als Entscheidungshilfe auf der Website der LFA zum Download zur Verfügung: https://www.landwirtschaft-mv.de/Fachinformationen/Agraroekonomie/Agrarpolitik/.

Mit seiner Hilfe lassen sich die Rahmenbedingungen des eigenen Betriebes und die Teilnahme und/oder Kombination verschiedener Maßnahmen in und zwischen den Ökoregelungen und den Agrar-Umwelt-Klima-Maßnahmen in Bezug auf die Höhe der Prämienzahlungen durchspielen und ggf. optimieren. Zu berücksichtigen bleiben betriebliche Kosten bzw. Einkommensausfälle, die durch die Teilnahme an bestimmten Programmen entstehen und den optimierten höheren Prämienzahlungen gegenübergestellt werden müssen.
Zahlreiche Emotionen riefen die Ausführungen zum Moorbodenschutz und zur Relevanz der Wiedervernässung für die verschiedenen Gruppen landwirtschaftlicher Betriebe hervor. Ins Auge stach, dass in allen Betriebsgruppen die Bestandsreduzierung als Anpassungsalternative gesehen wird. Angesichts ohnehin dramatisch rückläufiger Mutterkuhbestände im Land eine wenig erfreuliche Perspektive für die Mutterkuhhaltung!

Höhere Wertschöpfung durch bessere Fleischqualität?
Die drei Vorträge im 2. Teil des Vormittags beleuchteten aus verschiedenen Blickwinkeln das Thema Fleischqualität. Während Prof. Dr. Steffen Maak vom FBN Dummerstorf den aktuellen, auch internationalen, Stand sowie Trends in der Bewertung und Beeinflussung der Fleischqualität darlegte, befasste sich der Vortrag von Dr. Ramona Wulf (Humboldt-Universität Berlin) mit dem Versuch, den Fettsäuregehalt im Rinderhaar als Indikator für den intramuskulären Fettgehalt am lebenden Tier zu nutzen. Beide Vorträge boten interessante Ansatzpunkte, aber noch keine kurzfristig für den praktischen Fleischrindzüchter oder Mäster in Deutschland umsetzbaren Verfahren zur Beurteilung der Fleischqualität am lebenden Tier oder zur züchterischen Beeinflussung dieses Merkmals. Auch die Beurteilung der Aussagekraft kommerzieller Markergentests für Merkmale der Fleischqualität fiel bei Prof. Maak eher ernüchternd aus. Die fehlende Bezahlung der Fleischqualität im Rahmen der gängigen EUROP-Klassifizierung ist durchaus ein wesentlicher Grund, warum Fortschritte auf diesem Gebiet nach wie vor auf sich warten lassen, auch wenn die Fleischqualität in der Direktvermarktung oder in speziellen Rindfleischprogrammen in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt ist.

„Fette alte Kühe“ gefragt
Dies bestätigte auch Ralf Heisterkamp, Prokurist und Senior Commercial Director bei DANISH CROWN am Standort Teterow. Zuvorderst sicherte er den Landwirten generell faire Aufkaufpreise zu: „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, jedem Landwirt hier ein vernünftiges Angebot für sein Vieh zu machen, so dass keine Notwendigkeit besteht, die Tiere lang zu transportieren.“ Darüber hinaus betonte er aber auch, dass für spezielle Absatzschienen besondere Fleischqualitäten (z.B. hohe Marmorierung) nachgefragt werden. So werden wöchentlich etwa 100 Schlachtkörper von „fetten alten Kühen“ selektiert, für die es spezielle Kunden in Spanien gibt. Um die Bereitstellung solcher aufgemästeter Kühe zu forcieren, plant der Schlachthof eine unaufgeforderte Nachzahlung auf solche Tiere an den Landwirt. Ein derzeit noch zu lösendes Problem für den Schlachthof ist, dass erst nach der Selektion im ausgekühlten Zustand erkennbar ist, welche Teilstücke besonders marmoriert und somit für die lukrative Vermarktung geeignet sind. Hier sucht auch der Schlachthof noch nach Möglichkeiten einer Wertbestimmung vor oder direkt nach der Schlachtung.
Das Thema Fleischqualität wird uns also perspektivisch weiter begleiten. Züchterisch können die SNP-Typisierung und bestimmte Gene, die mit der Fleischzartheit und/oder -marmorierung im Zusammenhang stehen, Möglichkeiten einer gezielten Beeinflussung eröffnen. Hier gibt es weiteren Forschungsbedarf. Letzen Endes steht immer und vor allem auch die Frage der Wirtschaftlichkeit und der Bezahlung, sind doch besser marmorierte Schlachtkörper häufig auch mit einer höheren Fettauflage gekoppelt. Landwirt Thomas Hopp brachte es in der Diskussion auf den Punkt: „Sagt uns, was ihr braucht, dann produzieren wir das! Aber am Ende müssen wir mit unseren Produkten am Schlachthof Geld verdienen!“

Volle Konzentration auf die Fleischrinderhaltung, auf die Zucht und auf die Mast
So erläuterte Thomas Hopp, Geschäftsführer der Kirch-Mulsower Agrar GmbH, sein Betriebsmanagement und gab bei der nachmittäglichen Besichtigung praktische Einblicke dazu.
Der Betrieb, der zusammen mit der Ravensberger Agrar GmbH und der Mulsower Biolandbau GmbH einem Betriebsverbund angehört, hält seit den frühen 90ern Charolais-Mutterkühe, die er seitdem auch züchterisch bearbeitet. Frühzeitig wurden die Vorteile der Hornlosigkeit erkannt und umgesetzt. Mit der Investition in leistungsstarke skandinavische Genetik war Thomas Hopp Vorreiter in der Zucht hornloser Charolais und hat diese Zuchtrichtung in Deutschland damit maßgeblich geprägt. Aber er ist auch ein guter Rechner und immer offen für neue Ideen. So wurden über die Jahre auch andere Rassen im Betrieb getestet und mit diversen Kreuzungen experimentiert. Die Charolais sind geblieben – und eine kleine Herde Weißblauer Belgier, die die züchterische Basis für Kreuzungsanpaarungen zur Erzeugung von Endprodukten für die Mast und Schlachtung bildet.
Nachdem der Betrieb vor 4 Jahren die Milchviehhaltung aus Kostengründen eingestellt hat, wurden die Holsteinkühe durch Kreuzungen Charolais x Holstein ersetzt, die als Dreirassenkreuzung mit Blauweißen Belgiern angepaart und die daraus entstehenden Kälber ausgemästet werden.
Für alle Mutterkühe im Betrieb gilt: Jedes Kalb bleibt zwischen 8 und 10 Monaten an der Mutter und wird bis zum Ende im Betrieb aufgezogen und ausgemästet. „Wir verkaufen nichts halbfertig!“, betonte Thomas Hopp.
Auch an der Haltung und Fütterung wird geschraubt. Der Betrieb wirtschaftet mit alten Ställen, die nach und nach umgebaut und tiergerechter, aber auch arbeitswirtschaftlicher gestaltet werden. So konnte kürzlich eine Zertifizierung für die Haltungsstufe 3 erfolgreich abgeschlossen werden. Seit 4 Jahren wird im Betrieb kein Soja mehr in der Fütterung eingesetzt. Auch wenn Soja für Thomas Hopp nach wie vor eines der besten Futtermittel darstellt, kann er die Abholzung von Regenwald in Brasilien zugunsten des Sojaanbaus nicht mit sich vereinbaren und hat sich bewusst dagegen entschieden. An der Mastration wurde gefeilt, seitdem etwas mehr Grassilage eingesetzt, gewisse Leistungseinbußen werden hingenommen. Die Mast erfolgt komplett auf Stroh. Färsen werden im Alter von 17-19 Monaten mit 320-350 kg Schlachtgewicht vermarktet, Bullen mit 15-17 Monaten und 420-450 kg Schlachtgewicht. Aus den Zuchtherden werden die besten Bullen zur Zucht angeboten und verkauft. „Der bestgekörte Bulle aus jeder Linie bleibt aber erst einmal bei mir und sichert hier den Zuchtfortschritt, erst danach wird er verkauft“, erläutert Thomas Hopp. Kunden nehmen gern diese Bullen, auch wenn sie nach dem ersten Deckeinsatz nicht mehr mit Schauqualität aufwarten können. Die Käufer schätzen die sichere Fruchtbarkeit und wissen um die selektierte Qualität!

Die Unterlagen zu den Vorträgen stehen auf der Internetseite der LFA unter www.landwirtschaft-mv.de zum Download zur Verfügung.

Betriebsleiter Tomas Hopp, Kirch-Mulsower Agrar GmbH.

Stall mit Ausblick – umgebauter Altstall in der Kirch-Mulsower Agrar GmbH.

Die Themen des diesjährigen Fleischrindtags fanden viel Resonanz.

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