Was haben Zuchtwerte mit Ökonomie zu tun?

Kennen Sie nicht auch die alte Floskel „ob sich das rechnen wird?“ – Ja sicherlich, und damit merken wir es schon Zahlen, Werte und Ökonomie gehören zwangsläuft zueinander. Was das mit Zuchtwerten zu tun hat, wollen wir hier etwas genauer beleuchten.

Es gibt einen Unterschied!

Grundsätzlich dient die Zuchtwertschätzung zum Vergleich und der Feststellung von Unterschieden von Tieren hinsichtlich z.B. ihrer Milchleistung, Inhaltstoffen, Tiergesundheit, etc.. Dieser Vergleich/Unterschiedsfeststellung kann auf Herdenebene, über viele Herden hinweg und im direkten Vergleich zu den Elterntieren hinweg erfolgen. In welcher Höhe Unterschiede zwischen Tieren zu erkennen sind, bedarf umfangreicher statistischer Verfahren, die in ihren Berechnungen zahlreiche variable und fixe Effekte, wie z.B. Umwelt- und Haltungseffekte, berücksichtigen. Dieses Verfahren ermöglicht es den tatsächlichen genetischen Wert eines Tieres zu ermitteln.

Was wollen wir? Eigentlich doch alles, oder?

Es ist logisch, dass wir bei gleichem Futtereinsatz, bei gleicher Arbeit und gleichen Kosten, lieber 40 statt 25 M-kg vom Tier pro Tag erzeugt haben wollen. Eine Tankzellzahl von 80Tsd ist ebenfalls angenehmer als die potenzielle Liefersperre mit mehr als 400Tsd Zellen. Eine Kuh die 5 Jahre im Stall ist, muss erst später remontiert werden als eine Färse, die den Betrieb schon nach 3 Wochen verlässt. Eine einzige Besamung statt drei Besamungen spart ebenfalls ordentlich Geld und ein gesundes Fundament und ein gut melkbares Euter sind nicht nur bei der täglichen Arbeit am Tier förderlich, sondern oft auch entscheidend beim Verkaufen von abgekalbten Zuchttieren. Am liebsten keine Schwermelker, denn wir alle kennen die verlängerten Arbeitszeiten durch sie. Ebenso sind kranke Tiere nicht nur emotional unerfreulich, sondern ihre Behandlung sorgt zudem für zusätzliche Kosten. Über den Komplettausfall von totgeboren Kälbern oder aber durch Schwergeburten abgegangene Kühe wollen wir erst gar nicht berichten. Sie sehen die Liste an Wünschen, die wir an unsere optimale Mitarbeiterin Milchkuh stellen, ist extrem lang und wir haben noch nicht einmal den Phänotyp genauer unter die Lupe genommen.

Ziel definieren – Was wollen wir?

Dass Sie mithilfe von Zuchtwerten Ihre Herde genetisch verbessern können, steht außer Frage, denn seit Jahrzehnten dienen Zahlen und statistische Modelle dazu, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Währung der Zuchtwertschätzung in Deutschland ist der RelativZuchtwertGesamt kurz RZG. Dieser Zuchtwert ist eine Kombination aus vielen Einzelzuchtwerten, die unterschiedlich stark gewichtet werden, siehe Abbildung.

Doch wieso sind diese einzelnen Merkmale so unterschiedlich gewichtet? Die Antwort ist trivial und absolut einleuchtend! Die Gewichtung erfolgt nach ihrer individuellen ökonomischen Bedeutung. Das im Hinterkopf, erklärt sich der Rest fast von selbst, denn die höchste ökonomische Bedeutung bei der Milchkuh nimmt ihre Milchleistung ein. Demzufolge fließt der RZM mit 36 % am höchsten in den RZG ein. Natürlich bringen 12.000 M-kg mit 2 % Fett und 3 % Eiweiß weniger Energie und auch weniger Geld bei der Molkerei und so sind neben den absoluten M-kg auch Fett- und Eiweiß-kg entscheidend. Nutzungdauer (RZN) und Gesundheit (RZGesund): was wir alle uns zudem wünschen, schlagen mit starken 18 % im RZG zu Buche. Die Frage, was macht schon ein RZN von 88 gegenüber einem RZN von 112 aus, zeigte das vit in einer Auswertung im April 2014 deutlich! Der Unterschied von Töchtern mit einem RZN von 88 gegenüber einem RZN von 112 ist eine 17 Monate längere Lebenszeit! Selbst bei einer Steigerung des RZN von 100 zu 112 können die Kühe 8,5 Monate länger genutzt werden.

Wenn Sie sich bis eben nicht sicher waren, ob Zuchtwerte etwas taugen, haben die oben beschrieben Fakten Sie hoffentlich überzeugt, denn sie haben doch ALLES gesagt!

Als weitere Kriterien fließen die Fundamente und das Euter als einzige Exterieurmerkmale mit je 7,5 %, sprich insgesamt 15 % in den RZG. Die Fruchtbarkeit fließt zudem mit 7 % ein. Nun könnte man ketzerisch fragen, was machen gerade einmal 7 % aus? Diese Frage wurde zum Beispiel in der Masterarbeit von Paul Bierstedt beantwortet (Bierstedt et. al. 2014). Er teilte mehr als 13.600 Nachkommen von Bullen in 4 Gruppen (25% der Nachkommen von den besten Bullen, 25 % der Nachkommen von den mittelguten Bullen, 25 % der Nachkommen von den mittelschlechten Bullen und 25 % der Nachkommen kommen von Bullen mit schlechten RZR-Zuchtwerten). Das Ergebnis war trotz des nur 7 % Einflusses des RZR in den RZG eindrucksvoll! Die schlechten 25 % Nachkommen unterschieden sich zu den besten 25 % Nachkommen in mehr als 25 Tage Zwischenkalbezeit, mehr als 0,3 Besamungen und fast 20 Tage mehr an Verzögerungszeit. Für Sie als wirtschaftlich denkender Ökonomen schon auf den ersten Blick ein monetärer Meilenstein, oder nicht?!

Zuletzt werden als letzte ökonomisch relevante Einflussfaktoren natürlich auch der Kalbeverlauf und die Kälberfitness mit je 3 % gleichberichtigt im RZG berücksichtigt.

Fazit

Der deutsche RZG ist ein für die ökonomische Milchproduktion angepasster und gut ausbalancierter Zuchtwert. So zahlreich und differenziert Ihre betrieblichen Ziele auch sind, der RZG ist ebenso balanciert und mannigfaltig.

Sind Sie an weiteren Informationen rund um den RZG interessiert, so werfen Sie gerne einen Blick auf das Faltblatt rund um den RZG oder aber auch auf die Website des vit und der Deutschen Forschungsgesellschaft für Züchtungskunde.

Gerne beraten auch wir Sie rund um den RZG und das genetische Potenzial Ihrer Herde. Sprechen Sie uns an!

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